Langmann: "Bei dem Spirit kannst du nur alles geben"
Nico Langmann ist nicht nur Ausnahmesportler, sondern auch Ausnahmetrainierer. Der 23-jährige Rollstuhltennisspieler schießt sich täglich die Tennisbälle mit Spielern wie Dominic Thiem, Dennis Novak und Sebastian Ofner um die Ohren. Im Interview mit dem ÖBSV schwärmt er von den Fortschritten im eigenen Spiel und einer unerwarteten Spende für seine Sportart.
Nico, wie hast du die letzten Wochen verbracht?
Nico Langmann: Mir geht es super, ich stehe seit 20. April voll im Training. Tennis war jene Sportart, die nach dem Lockdown am schnellsten wieder ausgeübt werden konnte. Wir hatten im Trainingszentrum in Alt-Erlaa beste Bedingungen. Die Gruppen wechselten ständig, ich konnte auch mit Dominic Thiem Übungen spielen. Die Punktspiele habe ich gegen Nachwuchsspieler absolviert, da das am sinnvollsten ist.
Apropos Trainingsteam: Wie würdest du Thiem-Team charakterisieren?
Wir verfolgen ein gemeinsames Ziel, trainieren sehr genau und intensiv. Jeder muss immer 100 Prozent am Platz geben und gleichzeitig auf viele Details achten. Diese Professionalität, die Impulse der Trainer und die Qualität der Spielpartner bringen mich weiter. Von Spielern wie Dominic Thiem, Dennis Novak, Sebastian Ofner und Lucas Miedler kann man sich irrsinnig viel abschauen. Wenn du bei so einer Gruppe dabei bist und den Spirit spürst, kannst du gar nicht anders, als alles zu geben.
Bei der Generali Austrian Pro Series hat Thiem den Sieg geholt, gleichzeitig gab es eine tolle Überraschung für den Rollstuhltennissport.
Organisator Alex Antonitsch hat eine großartige Aktion umgesetzt. Jeder Teilnehmer und die Organisatoren haben Schrittzähler getragen. Die erzielten Schritte wurden in Geld umgewandelt und so eine Spende für den Rollstuhltennissport gesammelt. Antonitsch war oft über 25.000 Schritte pro Tag unterwegs, am Ende sind 5.000 Euro zusammengekommen. Das ist für den Rollstuhltennissport ein kleines Vermögen.
Es ist dabei auch zu einer skurrilen Situation gekommen, richtig?
Dominic hatte Breakball gegen sich. In jenem Moment, in dem er ausgeholt hat, hat der Schrittzähler am Arm heftig vibriert. Dominic hat den Return in die Plane geschossen, aber das hat ihn mit seiner Qualität natürlich nicht davon abgehalten, den Turniersieg zu holen.
Wie entwickelt sich die Zusammenarbeit zwischen Tennisspielern mit und ohne Beeinträchtigung?
Alleine im letzten Jahr ist unglaublich viel passiert. Die Anerkennung unserer Leistungen ist enorm: Das zeigt die Tatsache, dass ich in einer Gruppe mit dem drittbesten Spieler der Welt trainieren darf. Österreich ist hier in einer Vorreiterrolle. Das ist weltweit einzigartig und ich hoffe, dass es viele Nachahmer findet.
Wie sieht es bei den österreichischen Turnieren aus?
Rollstuhltennis bekommt immer mehr Aufmerksamkeit, so auch beim "Thiem’s 7" in Kitzbühel. Ich darf in diesem tollen Rahmen an einer Exhibition teilnehmen. Wo immer in Österreich Tennis gespielt wird, wird mittlerweile auch an Rollstuhltennis gedacht. So sollte es in jeder Sportart sein, das macht mich sehr glücklich.
Gibt es in Sachen Turnierplanung schon etwas Klarheit?
ATP und WTA haben zuletzt die ersten Turniere fixiert, Rollstuhltennis ist leider noch nicht so weit. Immerhin haben die US Open auf die Proteste reagiert und die Absage des Rollstuhltennisbewerbs zurückgenommen. Leider sind nur die bestplatzierten Spieler qualifiziert, das geht sich für mich noch nicht aus. Aber es macht mir Hoffnung, dass es auch mit den anderen Turnieren Ende August losgehen kann.
Welche Ziele hast du dir für die nächste Zeit gesetzt?
Mein Hauptziel ist und bleibt die Qualifikation für die Paralympischen Spiele in Tokio. Es hat sich nur von 2020 auf 2021 verschoben. Beim neuen Stichtag im Juni 2021 muss ich in den Top40 stehen. Sobald es also wieder mit den Turnieren losgeht heißt es für mich: Vollgas geben und Punkte sammeln. Aktuell liege ich auf Platz 34, da ist aber noch viel Potenzial nach oben. Ich war schon in den Top18 und sehe keinen Grund, warum ich nicht noch weiter nach vorne kommen kann. Für dieses Ziel trainiere ich täglich mit vollem Einsatz.
Auf welchen Gegner freust du dich am meisten?
Auf den, gegen den ich mein erstes Grand-Slam-Finale bestreite.