Menschen mit Behinderungen besser sichtbar machen
Hallo Walter! Du bist Teil des Publikumsrats im ORF. Wen vertrittst du?
Menschen mit Behinderungen! Erstmals in der Geschichte dieses ORF Gremiums, wurde ein Mensch mit eigener Behinderung in den Publikumsrat (PKR) gewählt. Vorher wurden wir von Vertretern der Volkshilfe, Hilfswerk oder Caritas vertreten. Der ÖBSV hat mich für dieses verantwortungsvolle Amt nominiert und das Bundeskanzleramt bestätigt. Ich darf in dieser Funktionsperiode, von Mai 2018 bis Mai 2022, die Interessen von rund 1,8 Mill. Menschen mit Behinderung bzw. dauernder Einschränkung im Alltag im Publikumsrats des ORF vertreten.
Was darf man sich unter einem Publikumsrat vorstellen? Worin besteht deine Arbeit?
Im PKR des ORF sind aktuell 30 Mitglieder aus allen unterschiedlichen Lebensbereichen. Es gibt sieben wichtige Ausschüsse und das Plenum.
In einer ersten Schwerpunktsitzung für Menschen mit Behinderung im September 2018 konnte ich zusammen mit den Vertretern des österreichischen Blinden- u. Sehbehindertenverbandes, dem Gehörlosenbund und des Behindertenrates die aktuelle Situation darstellen. Eine Empfehlung des PKR zur dauerhaften Verbesserung der Situation wurde daraufhin erarbeitet und an den ORF übermittelt. Im Vorfeld ist die Meinung vieler Vertreterorganisationen, wie z.B. BIZEPS, ÖZIV, Hilfswerk, Caritas, dem Behindertenrat, ÖBSV, ÖPC, u.v.m. eingeholt und zusammengefasst worden. Zu dem bin ich in engem Kontakt mit Mitgliedern und Entscheidungsträger im ORF Stiftungsrat.
Was tut der ORF für Menschen mit Behinderung?
Es gibt im ORF eine Humanitarian-Broadcasting-Abteilung, wo künftige Projekte wie "Lehre mit Behinderung" auf Ö3 oder Arbeitsplatzvermittlung für Menschen mit Behinderung mit redaktioneller Begleitung erarbeitet und dann gesendet wird. Dazu einen umfangreichen Handlungsplan.
Worin besteht noch Verbesserungspotential?
Der ORF hat sich vorgenommen, die Untertitelung der Programme jährlich zu steigern. Eklatant gering ist die Anzahl der Sendungen mit akustischer Bildbeschreibung. Da besteht noch viel Nachholbedarf. Wicht ist mir auch die generelle Sichtbarmachung von Menschen mit Beeinträchtigung im Alltagsprogramm, die Sendezeiten von Sportveranstaltungen (Paralympics, Deaflympics, Special Olympics, Nationale Veranstaltungen, usw) zu erhöhen, den Bildungsauftrag des Rechtlichen Rundfunk auch für uns und eingeschränkte Kinder und Jugendliche ein zu fordern, eine leicht verständliche Sprache zu platzieren, lebensbedrohliche Notsituationen (Geisterfahrer-, oder Katastrophenwarnungen) für Gehörlose und Blinde Menschen einfacher und schneller zu kommunizieren, u.v.m... Es gibt viel zu tun.
Wofür willst du dich im Jahr 2019 einsetzen?
Aktuell wird von der Regierung an einem neuen ORF Gesetz gebastelt. Das werden wir genauestens beobachten und nachhaltige Verbesserungen einfordern. Auch im neuen Sendeschema des ORF fordern wir unseren Platz. Die Abschaffung der GIS Gebühren ist ein aktuelles Thema - das werden wir im PKR zwar nicht entscheiden, aber ich verstehe immer noch nicht warum gehörlose Mitbürger Radiogebühren und Blinde Menschen 100% an GIS Gebühren entrichten müssen ob wohl sie nur 4% vom Programm nutzen können…
In der digitalen Zukunft und den Möglichkeit daran teil zu haben, wird eine zentrale Herausforderung für uns und den PKR. So sollte es z.B., bei allen guten Willen der Verantwortlichen, vermieden werden, dass unsere gehörlosen Kinder nur mit digitalen Avataren aufwachsen und den menschlichen Bezug zur anerkannten Gebärdensprache verlieren.
Walter Ablinger ist Handbiker, Paralympicsieger & Silbermedaillengewinner in London 2012, Silbermedaillengewinner in Rio 2016 und Weltmeister 2013.