Ein Pionier des österreichischen Behindertensports
Text: Sebastian Reiter
Ein Leben als Chronik
Wenn Roland Prucher von seinem Werdegang erzählt, könnte es sich glatt um die Chronik des österreichischen Behindertensports handeln. Bei vielen wichtigen Entwicklungsschritten spielt Prucher eine zentrale Rolle. So ist der 79-Jährige bei den Anfängen des ÖBSV als Vorstandsmitglied und Generalsekretär dabei, fährt als Teamleader zu zwei Paralympischen Spielen, gründet den Behindertensportverband Salzburg mit und ist bis heute deren Obmann. Wie ist es zu diesem einzigartigen Karriereweg gekommen? Begonnen hat alles in den 60er- Jahren, als Prucher zur Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) geht.
Dort ist er zuständig für die berufliche und soziale Rehabilitation von Menschen mit Arbeits- und Schulunfällen und für Berufserkrankte. Prucher bekommt die Anweisung des Generaldirektors, er solle den Versehrtensport aufbauen. Neben seiner beruflichen Tätigkeit beginnt er in dieser Zeit seine Karriere als Sportfunktionär. Prucher gründet 1968 den Fußballverein USV Salzburg Taxham mit. Als Sektionsleiter führt er den Salzburger Stadtverein zu sechs Meisterschaften im Unterhaus. „Wir wollten damals beim Verein eine Sporthalle bauen, so wie in Wien, wo das die AUVA finanziert hatte. Damit sie das auch in Salzburg machte, musste ich damals in den Versehrtensportverein eintreten und die Interessen vertreten. Das war 1975“, erzählt Prucher. Schnell wird es mehr als die Interessenvertretung. Er übernimmt für drei Jahre die Rolle des Geschäftsführers. Es ist der Beginn einer bis heute andauernden Funktionärskarriere im Behindertensport.
Salzburger Institution
Seit über 45 Jahren hat er Positionen beim Salzburger Behindertensportverband inne. Und er gestaltet auch den ÖBSV mit. Sechs Jahre lang ist er als Generalsekretär tätig, als Vorstandsmitglied ist Prucher von 1975 bis heute aktiv. Die Arbeit für den Verband liegt ihm dabei immer am Herzen. „Als Generalsekretär bin ich jede Woche einen Tag in Wien gewesen, in der Nacht ging es wieder zurück nach Salzburg und dann habe ich in der Früh in der AUVA wieder meine normalen Dienste gemacht.“ 1981 fliegt Prucher mit der österreichischen Delegation zur ersten Berufsolympiade für Menschen mit Behinderung nach Tokio.
Die Veranstaltung beeindruckt ihn nachhaltig. Davon inspiriert, führt er 1985 Berufswettbewerbe für Menschen mit Behinderungen in Österreich durch. Zweimal führen ihn seine Reisen zu Paralympischen Spielen: 1984 (USA/Großbritannien) und 1988 (Südkorea). „In Amerika hatten wir nicht einmal eine gescheite Ausrüstung. Das ist heute ja bei Weitem professioneller. Ich habe dann geschaut, dass wir genauso ausgestattet sind wie die nichtbehinderten Sportlerinnen und Sportler. Für jeden Flug nach Korea haben wir Aktionen gestartet. Ich bin zum Beispiel mit dem Gerhard Berger im Heißluftballon geflogen. So haben wir versucht, die Sponsoren zu gewinnen. Das war Pionierarbeit im weitesten Sinne.“
Motivation durch Eigenerfahrung
Die Motivation für sein Engagement kommt aus Pruchers Zeit im Rehabilitationszentrum: „Wenn man gesehen hat, wie viele Fälle dort liegen oder wenn in Salzburg im Unfallkrankenhaus jemand eingeliefert worden ist, habe ich am nächsten Tag den Befund am Tisch gehabt, mit einer Querschnittslähmung oder einer Amputation. Und da ist dann in mir der Wille entstanden, in dieser Richtung etwas zu tun.“ Und dieser Wille ist bis heute geblieben.