Sportschütze Patrick Moor: Immer zum richtigen Zeitpunkt
Para-Sportschütze Patrick Moor hat sein Karriereende bekannt gegeben. Der Vorarlberger, dessen Sehvermögen aufgrund einer Makuladegeneration (eine angeborene Erkrankung der Netzhaut) weniger als zehn Prozent beträgt, kann auf unzählige Erfolge in seiner knapp zwei Jahrzehnte langen Karriere zurückblicken. Der Österreichische Behindertensportverband gratuliert dem 52-jährigen Ausnahmeathleten und freut sich darüber, dass er seine freigewordene Zeit dem Nachwuchs widmen wird.
Hallo Patrick, warum hast du gerade jetzt deine Laufbahn beendet?
Patrick Moor: Irgendwann kommt der richtige Zeitpunkt an dem man spürt: Jetzt ist es genug. Durch Corona erlebt der Behindertensport gerade keine einfache Zeit. Die letzten Jahre waren unglaublich stressig, ich bin zwischen Trainingslagern und Wettkämpfen hin und hergehetzt und hatte keine Möglichkeit, meine Erfolge zu genießen. Außerdem leide ich noch unter den Folgen eines schweren Verkehrsunfalls 2017.
Was ist damals passiert?
Ich wurde als Fußgänger direkt vor meiner Haustür von einem rund 50 km/h schnellen Auto zusammengefahren. Dass ich überlebt habe war großes Glück, aber meine Schulter wurde schwer in Mitleidenschaft gezogen und trotz mehrerer Operationen bin ich körperlich noch immer eingeschränkt. Ich kann eine Ein-Liter-Flasche nicht mit ausgestrecktem Arm hochhalten. Ohne Schmerzmittel ist es kaum möglich zu Schießen. Ich habe daher in mich reingefühlt und gespürt, dass ich meinen eigenen Erwartungen nicht mehr gerecht werde. Ich will um Siege schießen, nicht um zehnte Plätze. Außerdem heißt es ja: Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist.
Trotzdem hast du letztes Jahr bei der World Shooting Para Championship in Sydney Silber gewonnen.
Das war nur dank der großartigen Ärzte und Physiotherapeuten in der Reha möglich. Die Freude am Sport hat mich in Australien die Schmerzen vergessen lassen, dadurch konnte ich noch einmal meine Bestleistung abrufen. Ich musste allerdings direkt nach der WM nochmal unters Messer. Im Training habe ich dann gemerkt, dass die Schäden an meinem Handgelenk und meiner Schulter solche Leistungen wie in Sydney nicht mehr zulassen.
Wie haben die Menschen in deinem Umfeld auf deinen Entschluss reagiert?
Ich habe mit meiner Frau Daniela, die mich seit 2010 bei all meinen Wettkämpfen unterstützt, öfters über diese Option gesprochen. Sie steht zu 100 Prozent hinter mir. Meine Freunde und Kollegen finden es natürlich schade, verstehen aber, dass ich an meinem Körper keinen Raubbau mehr betreiben möchte.
Medaillenbilanz: | 38 Goldmedaillen, 27 Silbermedaillen, 7 Bronzemedaillen |
Großereignisse: | WM-Titel 2016 in Polen, Vize-Weltmeistertitel 2019 in Australien |
Weltrekorde : | 623,1 Ringe stehend frei und Weltrekord liegend mit 641,5 Ringen bei WM in Polen |
Auszeichnungen: | Sportler d. Jahres 2017&2020 Vorarlberg, Goldenes Verdienst-Ehrenzeichen Rep. Österreich |
Du hast in deiner Sportart unglaublich viel erreicht. Welche Erfolge würdest du hervorheben?
Meine Teilnahmen an den beiden Weltmeisterschaften werde ich nie vergessen. Der Weltmeistertitel und die zwei Weltrekorden im polnischen Olsztyn waren ein Wahnsinn, der Vize-Weltmeistertitel letztes Jahr in Sydney zu meinem 50. Geburtstag war aufgrund des Unfalls zwei Jahre davor ebenfalls außergewöhnlich. Diese Erlebnisse haben mich emotional geprägt.
Bleibst du dem Sport in anderer Funktion erhalten?
Ich werde meine freie Zeit dem nationalen Nachwuchs widmen und versuchen, die jungen Sportschützinnen und -schützen noch mehr zu fördern. Ich stehe dem ÖBSV für sämtliche Kompetenzgremien, die den Schießsport betreffen, zur Verfügung. Das inkludiert neben dem Blindenschießsport auch den Rollstuhl- und Amputiertenschießsport. International werden mich das IPC und World Para Shooting noch mehr integrieren. Außerdem will ich mein größtes Ziel vorantreiben: Sportschießen für Blinde und Sehbehinderte soll paralympisch werden. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir die letzten Hürden beseitigen können und es 2024 oder spätestens 2028 klappt.
Welche Personen haben dich im Lauf deiner Karriere begleitet?
Meine Frau steht seit zehn Jahren als Begleitsportlerin an meiner Seite. Sie hat ihr Arbeits- und Privatleben an meinen Sport angepasst, ich muss ihr daher auf vorarlbergerisch danken: Danke Daniela für alles. Zemma waren, sind und blieban mir stark. Auch meinen ersten Betreuer Herbert Sonnweber muss ich hervorheben, er hat mir den Start in den Schießsport ermöglicht. Der ÖBSV und mein Stammverein USG Wolfurt sind ebenfalls immer hinter mir gestanden. Ich konnte zu jeder Uhrzeit den Schießstand zu benützen, das war extrem hilfreich. Ich bin unglaublich dankbar, denn ohne diese Menschen und Verbände wären meine Erfolge nicht möglich gewesen.