Nach Schlaganfall zum Serienmeister
Die 46. Wiener Leichtatletik-Meisterschaft für Sportlerinnen und Sportler mit Behinderung im Leichtathletikzentrum Wien war ein absolutes Sporthighlight 2020. Mittendrin im Kampf um Zeiten und Weiten war der Oberösterreicher Michael Steiner. Der Sportler des BSV BBRZ Linz lieferte sich bei absolutem Traumwetter einen spannenden Schlagabtausch mit seinen Konkurrenten. Dass Steiner heute Leistungssportler ist, war in seiner ursprünglichen Lebensplanung eigentlich nicht vorgesehen.
Im Alter von 15 Jahren verändert sich das Leben des Oberösterreichs von einem auf den anderen Tag: "Ich bin abends ganz normal zu Bett gegangen und hatte in der Nacht einen Schlaganfall. Seitdem habe ich eine linksseitige Hemiparese, also eine halbseitige Lähmung", schildert der heute 29-Jährige.
Vor diesem Ereignis konnte sich der damalige Teenager nur wenig für Sport begeistern, beim Gedanken an Training bekam er Angstschweiß. "Ich war zwar in einer Sporthauptschule,das was wir dort gemacht haben hatte mit Sport aber wenig zu tun. Ich habe mich vier Jahre lang lang gefragt: Was mache ich eigentlich hier? In der Reha habe ich dann aber das Behindertensportangebot ausprobiert und mich darauf eingelassen. Mir war sofort klar: Das ist ein toller Mehrwert, den mir das Training bietet. Durch die körperliche Betätigung hat sich mein Bewegungsmuster rapide verbessert. Die Leichtathletik war die beste und effektivste Therapie für mich."
Steiner feiert schnell Erfolge, die ihn zum Weitermachen motivieren: "Gleich im ersten Jahr bin ich mehrfacher österreichischer Staatsmeister geworden. Da sagst du dann natürlich nicht: Passt, ich höre gleich wieder auf. Ich bin 100 und 200 Meter gelaufen, im Kugelstoßen, Diskus- und Speerwurf angetreten und konnte in allen Disziplinen triumphieren."
In Steiners Karrere ging es aber nicht immer nur bergauf. Der Oberösterreicher hat mehrere Trainerwechsel hinter sich, 2020 unterbricht die Corona-Pandemie seinen Trainingsrhythmus. "Ich habe die Zwangspause als Chance betrachtet und mich zum zweiten Mal in meiner Karriere für die Umstellung meiner Technik entschieden. Das ist ein Prozess, in dem man ein paar Schritte zurück macht, um langfristig weiterzukommen. Die Umstellung ist aufgrund meiner seitlichen Lähmung aber gar nicht so einfach, weil ich die schrägen Bauchmuskeln und meine Gesäßmuskulatur anspannen muss. Ein guter Wurf oder Stoß kann aber nur so erfolgen, darum werde ich hart arbeiten, dass es so gut wie möglich funktioniert."
Mit seinen Leistungen in Wien ist der Oberösterreicher zufrieden: "Beim Diskus habe ich 34,18 Meter erreicht, damit bin ich nur eineinhalb Meter unter meiner persönlichen Bestleistung geblieben und Zweiter in der offenen Klasse geworden. Im Speerwurf habe ich mir den Sieg mit 22,28 Metern geholt, im Kugelstoßen mit 9,81 Metern. Es war ein fantastisches Event, die Stimmung unter uns Sportlern einfach phänomenal. Man kann dem WBSV und dem ÖBSV nur zur Ausrichtung gratulieren, dass sie es uns ermöglicht haben uns wieder mit einander zu messen."
Im Training arbeitet der 29-Jährige gezielt daran, die erforderlichen Muskelgruppen bestmöglich zu stärken. Außerdem misst er sich beim inklusiven Sportverein Union Neuhofen/Krems mit Leichtathleten ohne körperlicher Behinderung. So wird er noch umfassender gefordert.
Den nationalen Triumphen im Behindertensport sollen in Zukunft internationale folgen. "Ich habe bereits an den CPISRA World Games, einem Multisportwettbewerb für Menschen mit meiner Behinderungsart, teilgenommen. Das ist natürlich ein besonderes Feeling, an so einem Großereignis teilzunehmen. Die Leistungsdichte der Athletinnen und Athleten ist sehr hoch, das ist ein Traum für jeden Parasportler. Ich hoffe, dass ich mir in Zukunft auch meinen Traum von einer Teilnahme an Weltmeisterschaften und den Paralympics verwirklichen kann", so Steiner, dem es zuzutrauen ist, dass er seinen Traum Wirklichkeit werden lässt.