Walter Ablinger: Titelsammeln im Handumdrehen
Walter, gratuliere zum Gesamtweltcupsieg! Du hast es am Ende ja richtig spannend gemacht.
Ja, das kann man so sagen! (lacht) Es war extrem knapp, nur acht Punkte haben dann zu meinen Gunsten entschieden. Mein größter Konkurrent, Jean-Francois Deberg, war in sehr guter Form und ist doch 15 Jahre jünger als ich. Bei mir zeigt die Formkurve leider etwas nach unten. Zwei Plätze weiter hinten, und es hätte nicht mehr gereicht.
Nach 2012 und 2013 ist es dein dritter UCI-Gesamtweltcupsieg. Welchen Stellenwert hat dieser für dich?
Jeder Leistungssportler weiß: Du kannst nicht das ganze Jahr eine Hochphase haben, die Performance geht zwischendurch einfach nach unten. Über die lange Periode einer gesamten Saison insgesamt der Stärkste zu sein – und das mit 50 Jahren - das ist das Schönste. Ich weiß einfach genau, was für ein Aufwand da dahintersteckt. Wenn man im Leistungssport erfolgreich sein will – und das gilt genauso für den Behindertensport – muss man einfach alles hintenanstellen.
Wo lagen die Schlüsselmomente für deinen Erfolg?
Sicher am Beginn der Saison: Schon das erste Rennen, eine Einzelfahren mit vielen Steigungen, konnte ich souverän für mich entscheiden, die folgenden Rennen waren auch sehr gut. Ich habe mich auch darauf eingestellt, dass Deberg immer stärker werden würde, schließlich ist er regierender Weltmeister. Das ist dann auch so eingetreten, gottseidank konnte ich den Vorsprung über die Ziellinie retten.
Am Wochenende stehen die Österreichischen Staatsmeisterschaften im Zeitfahren in St. Georgen an. Wie gehst du mit der Favoritenrolle um?
Natürlich orientieren sich im nationalen Bereich viele an mir, ich habe ja 13 Staatsmeistertitel einfahren können. Natürlich wäre es schön, wenn Nummer 14 dazukommt, aber es nehmen sehr viele talentierte, ambitionierte Nachwuchsfahrer teil, wie zum Beispiel Christoph Stadlbauer und Mike Langer. Harald Hörmann ist auch immer sehr stark, ebenso wie die alteingesessenen wie Fritz Hopfgartner. Doch das ist alles nur meine Klasse. Tom Frühwirth oder Alex Gritsch werden sicher auch Top-Leistungen abliefern. Es ist eine recht flache Strecke, die Zeitabstände werden knapp, Spannung ist garantiert.
Was steht danach bis zur WM in den Niederlanden an und was erwartet dich dort?
Ich werde mich erholen, die Form sollte bis dahin auch wieder stimmen. In Emmen werden die Weltbesten am Start sein. Die Handbike-Elite kommt zwar noch aus Europa, es sind aber auch sehr starke Nordamerikaner dabei, die das Teilnehmerfeld aufmischen wollen. Es wird einfach wieder eine unglaubliche Herausforderung, weil jede Nation ihre besten Athleten entsenden wird.
Stichwort Paralympics Tokio 2020. Was geht dir durch den Kopf, wenn du daran denkst?
Ich fahre nicht nach Tokio, um 15. oder 20. zu werden, ich will ganz vorne landen. Ich bin den Kurs deshalb auch schon oft geistig abgefahren. Ich weiß, dass ich nicht mehr viele Großevents vor mir habe. Ich werde zwar mit 60 oder 70 auch noch Handbike fahren, aber nicht mehr auf dem Niveau. Österreich dort zu vertreten, das bereitet mir Gänsehaut. Man vertritt auch die Behindertensportler in Österreich und will zeigen, zu welch großartigen Leistungen wir fähig sind. Solche Großereignisse bringen Würze ins Leben und lassen die Behinderung vergessen. Mein Credo ist: Ich will mich nicht auf das fokussieren, was ich nicht kann, sondern auf das konzentrieren, was ich gerne und mit Leidenschaft machen kann.
Wer unterstützt dich, damit du diesen Weg gehen kannst?
Es beginnt bei der Sport GesmbH, der Dachverband steht voll hinter dem Paracycling-Sport, der Österreichische Behindertensportverband schafft die Grundlagen dafür, dass sich überhaupt Leistungssport in Österreich entwickeln kann und das österreichische Paralympische Komitee. Es braucht einfach Leute mit dem nötigen Know-How, die zum einen mit dem Handicap der Sportler, zum anderen mit dem Leistungssport umgehen können. Das Sportland Oberösterreich unterstützt mich auch großartig, sowohl finanziell als auch durch die Nutzungsmöglichkeit der Infrastruktur im Olympiazentrum. Dann steht natürlich mein privates Team, allen voran mein Trainer, Dr. Etzlstorfer, der mich elf Jahre auf diesen Punkt hin vorbereitet. Ohne diese Unterstützung wäre es für mich unmöglich gewesen, solche Erfolge zu erreichen.